Weitere Ergebnisberichte:
Ökologie überwinternder Weissstörche
Zugbewegungen und Ortsveränderungen
Verluste, Gefahren, Verlustursachen
Rast- und Überwinterungsgebiete
Der gesamte Bericht als PDF-Datei:
- Die Meerenge von Gibraltar ist bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen (z.B. starkem Südwind) ein erhebliches Hindernis für die ziehenden Störche. Bei günstigen Windverhältnissen wird sie jedoch ohne Schwierigkeiten überflogen. Dies zeigte sich auch darin, dass 3 Sendervögel jeweils von Spanien aus nach Marokko flogen und bereits wenige Tage später über die Strasse von Gibraltar nach Spanien zurückkehrten ("Nahrungsflüge" zwischen Spanien und Marokko).
- Zuggemeinschaften von Störchen, die noch in der Schweiz (aus bis zu 100 km voneinander entfernten Geburtsorten) zusammengefunden haben, können über viele Tage hinweg und über grosse Teilstrecken des gesamten Zugweges bestehen. Nach Ankunft im Überwinterungsgebiet, in einem Zwischenrastgebiet oder an Zugengpässen, wo viele Storchentrupps vorhanden sind, kommt es allerdings schnell zur Aufspaltung, Durchmischung und Neuformation von Zuggruppen. Ein gemeinsames Überwintern von "Familien" oder Vögeln gleicher geografischer Herkunft tritt deshalb nur zufällig ein.
- Weissstörche zogen aus der Schweiz und dem Elsass über einen Zeitraum von etwa 5 Wochen ab (31. Juli bis 6. September). Die Haupt-Abzugszeit liegt etwa zwischen dem 10. und 22. August.
- Nach Afrika ziehende Weissstörche flogen entweder direkt oder nach nur 1 Übernachtung in der Südspitze Spaniens über die Strasse von Gibraltar (7 Vögel), 10 Vögel rasteten durchschnittlich 12 Tage lang in der Südspitze Spaniens, bevor sie nach Marokko abflogen.
- Die Ankunft im westafrikanischen Überwinterungsgebiet erstreckt sich über einen Zeitraum von etwa 4 Wochen (4. September bis 2. Oktober). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im westafrikanischen Überwinterungsgebiet beträgt 173 Tage.
- Während des N-S-Zuges legten die Vögel in Europa durchschnittlich 193 km pro Tag zurück. Die grösste festgestellte Tagesstrecke in Europa betrug 558 Kilometer. In Afrika lag die durchschnittliche Tagesleistung bei 270 km, das Maximum sogar bei 659 km. Auf dem "Heimzug" (S-N-Zug) waren die allen Fällen sowohl die durchschnittliche als auch die maximale Zugleistung geringer als während des N-S-Zuges. Die widerspricht bisherigen Annahmen und ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der telemetrierten Vögel um juvenile Nichtbrüter handelte.
- Vom Geburtsgebiet bis nach Südspanien waren die Vögel durchschnittlich 10 Tage unterwegs, von Südspanien bis ins westafrikanische Winterquartier ebenfalls ca. 10 Tage.
Adresse des Autors:
Dr. Holger Schulz
Goosstroot 1 D-24861 Bergenhusen
Tel.: 0049-4885-902210
mail: schulz.wildlife@t-online.de
Zugrouten und Zugverhalten
Zugrouten und Zugverhalten besenderter Weissstörche (Ciconia ciconia) der westziehenden Population
© Dr. Holger Schulz, Bergenhusen, 2003
Ergebnisse aus dem Projekt "SOS Storch"
Projektträger: "Storch-Schweiz" (Schweiz. Gesellschaft für den Weissstorch)
Jegliche Verwendung und weitere Verarbeitung der Ergebnisse und Abbildungen aus dieser Arbeit ist nur möglich mit schriftlicher Genehmigung von Autor und Projektträger
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen:
In dem Bericht werden die Zugrouten beschrieben und Faktoren analysiert, die den Verlauf der Routen beeinflussen (Topografie, Klima usw.). Zugverlauf, Tages-Zugstrecken und Anzahl Zugtage für definierte Teilstrecken werden dargestellt und das Timing, d.h. der zeitliche Ablauf des Zuges (z.B. Abzug- und Rückkehrdaten) werden vorgestellt.
Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen:
- In Europa zwischen der Schweiz und Marokko verlaufen die Zugrouten eng gebündelt, der Zugkorridor ist meist nicht breiter als 100-200 km, teilweise weitet er sich im Süden Spaniens auf 300 km auf.
- In Afrika, zwischen Marokko und dem Sahel, verlaufen die Zugrouten wesentlich lockerer, weniger gebündelt, und die Breite des Zugkorridors beträgt 400-600 km. Individuelle Zugrouten verlaufen über der Sahara "kurvig", ohne dass entsprechende Leitlinien vorhanden wären.
- Einige Sendervögel flogen auf "untypischen" Zugrouten (Italien, Ostafrika, Westumfliegung der Pyrenäen, Sardinien).
- In Europa folgen die Vögel überwiegend topografischen Leitlinien (Flusstäler, Küstenlinien), solange diese mit der grundsätzlichen SW-Orientierung übereinstimmen. Die Pyrenäen werden entweder im Osten umflogen oder ihre östlichen Ausläufer werden etwa 120 km landeinwärts an dem Pass Col de la Perche überflogen.
- Südlich der Pyrenäen werden mehrere Gebirgsformationen konsequent umflogen, wodurch es zur Ausbildung mehrerer lockerer "Zugstränge" kommt.
- Die Strasse von Gibraltar ist, neben den Pyrenäen, ein ausgeprägter "Flaschenhals" auf der Zugroute. Die Route verläuft dort auf nur wenigen Kilometern Breite.
- Das Atlasgebirge wird auf breiter Front an mehreren Pässen überflogen oder im Osten bzw. Westen umflogen. Hierdurch weitet sich die Zugfront auf eine Breite von fast 500 km aus.
- Der Zug über die Sahara verläuft in der Grundorientierung N-S. "Kurvenförmige" Zugrouten, wie sie sich in vielen Fällen feststellen liessen, sind durch Windverdriftung verursacht, wie sich durch die Korrelation von Winddaten mit Abweichungen der täglichen Zugrichtung von der reinen N-S-Richtung feststellen liess. Starke Windverdriftung hat aller Wahrscheinlichkeit nach zum Verlust einiger Sendervögel geführt.
- Die innerhalb Europas zurückgelegte Flugstrecke beträgt etwa 1.800 km, von Südspanien bis ins Überwinterungsgebiet im westafrikanischen Sahel sind es etwa 2.300 km. Eine Zugstrecke umfasst somit mindestens 4.100 km.